Die Malerin Henni Lehmann (1863 – 1937) wird 1907 im neu gebauten Sommerwohnhaus in Vitte (Architekt ist Paul Ehmig, der Schwager von Elisabeth Andrae) – heute „Henni-Lehmann-Haus“ – ansässig.
Sie kauft die gegenüberliegende alte Scheune der Bäckerei Schwartz und läßt sie als Ausstellungs- und Verkaufsräume für den 1919 gegründeten Hiddensoer Künstlerinnenbund umbauen.
Die Gründung des Künstlerinnenbundes wurde im Amtsblatt der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft verkündet.
Die Außenwände des Lehmbaues wurden wahrscheinlich mit Kalkfarbe, der zu dieser Zeit üblicherweise Wäscheblau zugefügt wurde um ein strahlendes Weiss zu erhalten, gestrichen.
Nach Norden wurde ein großes Atelierfenster eingebaut.
Zeitzeugen können sich nicht an eine „Blaue Scheune“ wie sie heute zu sehen ist erinnern.
Sie wurde auch als „Kunstscheune“ bezeichnet, in der die Künstlerinnen wie Henni Lehmann, Elisabeth Büchsel, Elisabeth Andrae, Käthe Löwenthal, Katharina Bamberg, Clara Arnheim u.v.m. ausstellten.
Elisabeth Andrae war nachweislich im August 1909 auf der Insel, was im Gästebuch der Familie Gau zu lesen ist: „Jaeckel, Büdner, Althagen, (jetzt OT von Ahrenshoop), Elis.Andrae, Maler, Dresden, Miethe A + Frau, Büdner, Althagen“ und einen Vermerk: „auf H.J.S. von Althagen“.(vermutlich mit dem Segelschiff).
Der Heimatforscher Kurt Dittmann hat beim Auswerten von Gästebüchern auch einen Besuch im Jahr 1911 vermerkt.
Im Stadtarchiv Stralsund gibt es unter StaS, Rep.9 Nr.924, Vol.1 folgenden Hinweis:
„Zwecks Verbesserung des Bades bzw. Beschaffung von Rettungsgeräten fand im Gasthaus Gau hierselbst ein Unterhaltungsabend mit Ball statt, zu dessen Gelingen Herr u. Frau von Funke, Herr u. Frau von Sydow, Frl. Andrae (als Malerin) und Herr Stahl hauptsächlich beitrugen. 20.08.1911“
„Blaue Scheune“, 1936
Blick in die „Blaue Scheune“
Elisabeth Andrae beim Malen von ? Jahr ?
(Fotos: Dr. Schmidt)
Elisabeth Andrae wohnte 1912 (und eventuell auch in den folgenden Jahren) in der Villa Elise bei Familie Schliecker in Kloster, was durch eine Postkarte von ihrem Lehrer A.Thamm, ersichtlich wird. ( siehe auch Beiträge: -Korrespondenz A.Thamm)
1934 kauft Elisabeth Niemeier , die geschiedene Ehefrau vom Kunstmaler Max Nikolaus Niemeier (1876 – 1934), die „Blaue Scheune“ von Henni Lehmann, die als jüdische Malerin und Schriftstellerin Berufsverbot erhalten hat.
Sie betreibt die Kunstscheune als „Scheunenmutter“ weiter bis sie 1952 von der Insel wegzieht.
Seit 1949 stellt der Maler Günter Fink (1913 Dresden-Blasewitz – 2000 Berlin) bereits in der Scheune aus.
1955 erwirbt Günter Fink das marode Haus von einer Nichte Elisabeth Niemeiers und baut es als Wohnhaus und Atelier um.
2000 stirbt Günter Fink. Seine Frau nutzt die „Blaue Scheune“ noch heute als Wohnhaus und in den Sommermonaten auch zu Ausstellungen mit Bildern von ihrem Mann.
Privatfoto 2019
Quellenangaben:
Jana Leistner – Archiv des Heimatmuseums Hiddensee, Kloster
Ruth Negendanck – „Hiddensee – Die besondere Insel für Künstler“ ,
S. 56, 139 und 165, Günter Fink S.166
Angela Rapp – „ Der Hiddensoer Künstlerinnenbund“ S. 48
Marion Magas – „ Wie sich die Malweiber die Ostseeküste erobern“ S.19
Wikipedia – Blaue Scheune