„Eine sächsische Malerin an der Ostsee“

erstellt am: 04.02.2020 | von: ingelore helbig | Kategorie(n): Beiträge, Liste der Bilder

 

Beitrag zu der Malerin Elisabeth Andrae von Ingelore Helbig

Erschienen im September 2019 in den Stralsunder Heften für Geschichte, Kultur und Alltag

Eine sächsische Malerin an der Ostsee

Jedes Jahr führt mich meine Ostseereise in das wunderschöne Ahrenshoop auf dem Darß mit seinen vielen Museen, Galerien und Ateliers. Hier wurde ich von einem Galeristen auf die Dresdner Künstlerin Elisabeth Andrae aufmerksam gemacht, die zu den Malerinnen des Hiddensoer Künstlerinnenbundes zählt.

Obwohl die Malerin in den Künstlerlexika sowie in Kunstauktionen aufgeführt wird, ist sie nur noch wenigen bekannt. Deshalb begann ich 2015 meine Recherchen zu der Künstlerin in den Museen und Galerien der Stadt Dresden. Ein Jahr später konnte ich die ersten Ergebnisse auf einer dafür eingerichteten Internetseite (www.elisabeth-andrae.de) festhalten und bis zum heutigen Tag mit vielen deutschlandweiten Kontakten und Beiträgen ergänzen.

Louise Elisabeth Andrae kam am 3.August 1876 als zweites Kind des Eisenbahndirektors Carl Hermann Andrae und Auguste Sidonia Andrae geb. Schmidt in Anger bei Leipzig auf die Welt.

Aus dem Lebenslauf des Vaters geht hervor, dass er und eventuell auch seine Familie bereits ab 1889 oft in Dresden weilten bzw. wohnten. Mit 23 Jahren wurde Elisabeth Andrae Schülerin des Landschaftsmalers Gustav Adolf Thamm (1859-1925), der seit 1895 an der Dresdner Kunstakademie lehrte.

Im Jahr 1905 wechselte sie zu Hans Richard von Volkmann (1860-1927) nach Karlsruhe. Er war einer der bekanntesten Vertreter der von Gustav Schönleber (1851-1917) gegründeten Landschaftsschule.

Bereits 1904 wurden von ihr in der Großen Kunstausstellung Dresden die Zeichnungen „Straße in Bischofswerda“ und „Alter Nussbaum“ sowie 1906 in der Großen Berliner Kunstausstellung das Gemälde „Sonnenflecken“ gezeigt.

Elisabeth Andrae reiste sehr gern und oft an die Ostsee und anfangs besonders nach Althagen, heute ein Ortsteil von Ahrenshoop, wo sie ab 1900 gute Kontakte zur dortigen Künstlerkolonie knüpfte. Zur Eröffnung des Kunstkaten 1909 stellte sie neben Else Müller- Kaempff, Anna Gerresheim und weiteren ansässigen Künstlern ihr Gemälde „Der schlafende Garten“ aus. In dieser Zeit entstanden, inspiriert von der reizvollen Gegend, viele Gemälde und Zeichnungen. Zum größten Teil befinden sich die Bilder im Privatbesitz wie auch eine aquarellierte Bleistiftzeichnung aus dem Jahr 1905, die im neuen Friedhofsführer zum Ahrenshooper Schifferfriedhof gezeigt wird.

Sie unternahm zu dieser Zeit einige Segelbootausflüge mit dem Photochemiker Adolf Miethe und seiner Frau sowie dem Landschafts- und Glasmaler Hugo Jäckel (Büdner aus Althagen) zur Insel Hiddensee. Im Gästebuch der Familie Gau in Kloster von 1909 gibt es eine entsprechende Eintragung und eine Bemerkung: „auf H.J.S. von Althagen“.

Seit etwa 1910 wurden nicht nur der Darß und die Insel Rügen sondern auch die Insel Hiddensee für die Künstlerin immer interessanter, da sie hier viele gleichgesinnte, weltoffene Malerinnen und neue, faszinierende Motive fand.

Im Stralsunder Museum befinden sich 19 Zeichnungen aus dieser Schaffensperiode. Das Heimatmuseum der Insel Hiddensee in Kloster hat ebenfalls 3 Zeichnungen im Bestand. In der Ausstellung des Museums wird Elisabeth Andrae als Mitglied des im Jahre 1919 gegründeten Hiddensoer Künstlerinnenbundes genannt, zu dem auch Henni Lehmann, Elisabeth Büchsel, Katharina Bamberg, Clara Arnheim, Käthe Loewenthal und weitere Malerinnen gehörten.

Um die Bilder präsentieren und auch verkaufen zu können, erwarb Henni Lehmann, seit 1907 ansässig in Vitte, die alte Scheune der Bäckerei Schwartz und lies sie als Kunstscheune um- und ausbauen. Das als „Blaue Scheune“ bekannte Haus war über viele Jahre ein künstlerischer Mittelpunkt und wird heute von Frau Fink, der Witwe des Malers Günther Fink (1913-2000) privat genutzt.

Ab Frühjahr 2019 zeigt das Heimatmuseum eine Sonderausstellung zum Thema „Kunst und/oder Politik? Der Hiddensoer Künstlerinnenbund“.

Elisabeth Andraes Wirkungskreis war aber auch in Dresden, wo sie ihr Atelier in der Ostbahnstraße 2 in unmittelbarer Nähe von vielen anderen Künstlern hatte.

Sie nahm an zahlreichen Kunstausstellungen teil. Unter anderem beteiligte sie sich an der einmalig stattgefundenen Ausstellung „Zum Besten von Mutter und Kind“ in Dresden 1912, auf der ausschließlich Künstlerinnen vertreten waren. Elisabeth Andrae zeigte die Gemälde „ Am hohen Ufer von Hiddensee“ sowie „Im Großen Garten“ und „Sonnenflecken“. Protektorin der Ausstellung war Ihre königliche Hohheit Prinzessin Mathilde, Herzogin von Sachsen.

Nach dem ersten Weltkrieg entstanden zudem viele Gemälde am Bodensee, wo ihr Bruder Walter ein altes Bauernhaus bewohnte. Sowohl das Haus als auch der Bodensee mit seinen Booten und der Landschaft sind als Motive zu finden.

Besonders in den zwanziger Jahren beteiligte sich Elisabeth Andrae am Kunstleben der Stadt Dresden. So wurde sie für die Kunstausstellungen 1921 bis 1923 als eine der wenigen Künstlerinnen in den Ausschuss für die Aufnahme der Kunstwerke berufen.

Die Künstlerin weilte sehr oft in Berlin und nahm auch hier an den Großen Kunstausstellungen teil. Von diesen Aufenthalten zeugen viele Gemälde vom Wannsee, der Havel und der Spree. In den dreißiger Jahren entstanden im Auftrag und wahrscheinlich nach Skizzen ihres Bruders Walter, Archäologe und Direktor des Pergamonmuseums in Berlin, sieben Wandbilder zu den Ausgrabungen von Babylon, Assur und Uruk. Zwei dieser Werke sind noch erhalten und wurden als Bilddatei vom Vorderasiatischen Museum Berlin für die oben genannte Internetseite zur Verfügung gestellt.

Während der Kriegsjahre beteiligte sich Elisabeth Andrae nach den bisherigen Kenntnissen an der Großen Dresdner Kunstausstellung 1942 mit zwei Gemälden und im gleichen Jahr stellte sie in der Kunstausstellung „Frau als Malerin“ des Leipziger Kunstvereins ihr Gemälde „Grauer Tag an der Havel“ aus.

Im Februar 1945 wurde ihr Atelier auf der Ostbahnstraße wie das so vieler anderer Künstler zerstört. Ihr Wohnsitz in der Ermelstraße in Dresden-Striesen blieb ihr glücklicherweise bis zu ihrem Tod am 14.Dezember 1945 erhalten. Der Nachlass wurde von ihrer Schwester Gertrude Epping geb. Andrae nach Wittstock gebracht. Über den Verbleib und den Umfang ihres Nachlasses gibt es zur Zeit jedoch noch keine konkreten Hinweise.

Bekannt ist, dass sich ein Teil ihrer Gemälde und Zeichnungen in privaten Sammlungen, bis in Australien, aber auch in Galerien und Museen befindet. Ebenso werden immer wieder Bilder von ihr auf Kunstauktionen angeboten wie jüngst das Gemälde „Hafen von Althagen“.

Dieser Beitrag zu der Künstlerin Elisabeth Andrae sowie die angeführte Internetseite sollen ein erster Schritt sein, ihr künstlerisches Schaffen und ihr besonderes Engagement als Malerin dieser Zeit hervorzuheben.

www.elisabeth-andrae.de