Öl auf Karton, 1901, 39 x 48 cm
Privatsammlung Berlin
Beschreibung der Galerie Barthelmess & Wischnewski, Berlin:
Dieses frühe Gemälde Elisabeth Andraes entstand kurz vor Beendigung ihres Studiums unter Adolf Thamm an der Dresdener Kunstakademie. Thamm, seinerseits Schüler des bedeutendsten deutschen Post-Impressionisten Paul Baum, war den modernen Einflüssen gegenüber durchaus aufgeschlossen, ohne jedoch selbst den Schritt zum Impressionismus zu vollziehen. Seine Schülerin hingegen wagt ihn hier auf geradezu vorbildliche Art und Weise. Sie wählt eines jener Motive, die bis anhin in der Malerei überhaupt nicht als malenswert erachtet wurden: Irgendeine stille und unauffällige Ecke auf einem Bauernhof. Alles, seien es die Bäume oder auch die Hütte im Hintergrund, ist angeschnitten wiedergegeben und somit nicht vollständig zu sehen. Die Künstlerin stellt dadurch eindeutig klar, dass es ihr hier keinesfalls darum ging, das Gebäude, die Bäume oder auch die topografische Situation darzustellen. Was sie zeigen will, ist das Sonnenlicht und seine unterschiedliche Intensität, die natürlich abhängig ist von den Gegenständen, auf die es fällt. Elisabeth Andrae stellte hier gleichsam die Dynamik des Sonnenlichts dar: Vom strahlendsten, ja, grellen Weiß auf der Hauswand, über das warme Rot-Braun des aufgeschichteten Feuerholzes, bis hin zum Hellgrün, das die Sonnenflecken ins Gras malen und dem strahlenden Gelb der Wiesenblumen. Absichtlich wird das Gegenständliche durch die kompositorische Anordnung in den Hintergrund gerückt, während die Lichtwirkung eindeutig zum Thema dieses Gemäldes erhoben wird. Noch ist das Bild keinesfalls abstrakt zu nennen, zu liebevoll naturalistisch sind die Gegenstände dargestellt – man beachte nur die meisterhaft wiedergegebene Schrundigkeit der Baumrinden -, die Idee hinter dieser alltäglichen, ja, fast möchte man sagen, banalen Ansicht ist jedoch wegweisend: Die Malerei berichtet nun nicht mehr von den gesehenen Gegenständen, sondern vor allem von beobachteten und erfahrenen Stimmungen…